Mit diesem Beitrag beginnt ein Dreiteiler zum Thema Change Management. Natürlich gibt es im Netz und auch analog bereits sehr viel und sehr unterschiedliches Material zu diesem Thema. Warum schreibt Pentadoc jetzt auch noch etwas dazu?
Dass sich Mitarbeiter bei einem Wechsel oder einer funktionalen Erweiterung von IT-Systemen häufig Stress ausgesetzt fühlen, entspricht unserer Erfahrung aus vielfältigen Projekten im ECM Umfeld. Denn sowohl bei vermeintlich kleinen Anpassungen wie der Veränderung von Benutzeroberflächen, als auch bei fundamentalen Veränderungen wie der völligen Abschaffung papierbasierter Arbeitsvorgänge geht es um die Veränderung gewohnter Arbeitsweisen. Diese Gewohnheiten wurden häufig über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte aufgebaut und bilden eine wesentliche Quelle für das Sicherheitsgefühl vieler Mitarbeiter.
Sich wie früher einfach auf die Kraft der Autorität oder den Zwang des Faktischen zu verlassen, ist nicht nur ethisch fragwürdig, sondern birgt auch ein erhebliches Risiko. Im Zeitalter der Digitalisierung wird die technologische Veränderung zum Dauergast. Verfügt ein Unternehmen nicht über Weitblick und Umsicht, diese Weiterentwicklung konstruktiv umzusetzen, drohen Akzeptanzprobleme und somit der Verlust ursprünglich erhoffter Potenziale.
Was ist Change Management?
Pragmatisch betrachtet, ist das leicht zu beantworten: Change Management befasst sich mit der Aufgabe, umfassende Änderungen innerhalb einer Organisation ganzheitlich umzusetzen. Kurzum: Mit den geplanten Projektmaßnahmen werden wir unsere Kolleg(inn)en großen Veränderungen aussetzen. Was können wir tun, um dennoch ein ausreichendes Verständnis und eine gute Akzeptanz zu erreichen?
Etwas präziser, dafür aber ein bisschen verkopft ausgedrückt: Beim Veränderungsmanagement handelt es sich um den Versuch, die natürlichen und immanenten Veränderungsprozesse innerhalb einer Organisation durch selbstbestimmtes Handeln zu ersetzen. Dies kann entweder evolutionär oder revolutionär geschehen, je nach Ursache und Zielsetzung. Infolge der gestiegenen Komplexität der Arbeitswelt wird ‚Change‘ zunehmend als kontinuierlicher Verbesserungsprozesses (KVP) verstanden, in welchem einzelne Projekte ineinander überfließen. Unabhängig davon werden die erforderlichen Einzelschritte stets strategisch geplant und aktiv kontrolliert, um eine möglichst konkrete Zielsetzung zu erfüllen. Im Fokus aller Maßnahmen stehen die Mitarbeiter und deren Einstellung gegenüber Veränderungen bzw. ihre Bereitschaft, spezifische Neuerungen in ihrem Arbeitsalltag anzunehmen.
Warum braucht es Change Management?
Generell gibt es zahllose innere und äußere Ursachen, die Veränderung erforderlich machen. Das ist nichts Neues und wurde früher auch ‚irgendwie‘ gehandhabt. Retrospektiv würde man wohl sagen, dass die Organisation von Veränderungen immer eine Angelegenheit des ‚gesunden Menschenverstandes‘ war und auch ohne Anglizismen geklappt (oder eben auch nicht geklappt) hat.
Das hat sich natürlich nicht geändert, allerdings sind ‚gesund‘ und ‚Menschenverstand‘ erstaunlich dehnbare Begriffe. Es schadet daher nicht, wenn unter dem Label Change Management Erkenntnisse artikuliert und gebündelt werden, um das Risiko zu Scheitern möglichst zu minimieren. Gleichzeitig misst ein Unternehmen mit einem gezielten Change Management den Sorgen seiner Mitarbeiter bezüglich anstehender Veränderungen auch einen entsprechenden Stellenwert bei.
Gegenwärtig ist der Prozess der Digitalisierung sektor- und branchenübergreifend ein wesentliches Moment, das von außen wirkt und eine Anpassung erzwingt. Unternehmensstrukturen und Prozesse werden in diesem Fall also aufgrund von technologischen Neuerungen verändert. Dieser mehr oder weniger neue Faktor fällt mit weiteren Anlässen, beispielsweise einer Sanierung, Personalabbau, Kostensenkungen oder auch der Einführung neuer Produkte und Prozesse zusammen.
Wünschenswerterweise geschehen Veränderungen nicht krisengetrieben, sondern im Rahmen einer ‚Digitalen Strategie‘. Da jedes Unternehmen durch unterschiedliche Ziele und Anforderungen definiert wird und diese in komplexen Wechselwirkungen miteinander verbunden sind, gibt es keine Universallösung – sehr wohl aber einen ‚roten Faden‘.
Wie sieht die theoretische Basis von Change Management aus?
Es gibt im Wesentlichen drei Perspektiven, um Veränderung in Organisationen zu verstehen und daraus Schlussfolgerungen abzuleiten. Die zentrale Perspektive ist die Organisationsentwicklung, die sowohl individuelle als auch gruppendynamische Elemente berücksichtigt. Hierbei wird vor allem mit arbeits- und organisationspsychologischen Methoden in einem mittel- bis längerfristigen Prozess darauf abgezielt, positive Verhaltens- und Einstellungsänderungen herbei zu führen.
Daneben existiert eine „system-konstruktivistische“ Perspektive, die Bezug auf die soziologische Systemtheorie nimmt. Diese ist allerdings voraussetzungsreich und anspruchsvoll. Ohne fundiertes Fachwissen ist es in der Praxis nicht zielführend, diesen Ansatz zur (alleinigen) Grundlage des eigenen Handelns zu machen. Als weitere dritte Perspektive gilt die „lernende Organisation“; eine besondere Form der Organisationsentwicklung, in der die konstante Veränderung und kontinuierliches Lernen mit dem Ziel von Innovation eine grundlegende Eigenschaft der beteiligten Individuen ist. Dieser Zustand wird häufig als implizites Ziel für die Weiterentwicklung der eigenen Organisation verstanden.
Um eine Veränderung zu erreichen, gibt es verschiedene Modelle, anhand derer man das strategische Vorgehen planen kann. Hierzu wurden verschiedene Phasenmodelle sowie weitere Ableitungen entwickelt (Feldtheorie nach Lewin, 8-Phasen-Modell nach Kotter, etc.), auf die hier nur tangierend eingegangen wird. Die Methoden des Change Managements werden stetig weiterentwickelt, was in den letzten Jahren unübersichtlich modeartige Züge angenommen hat.
Mit den beiden nachfolgenden Beiträgen helfen wir, trotzdem den Blick aufs Wesentliche zu bewahren. In Kürze erscheint der Artikel zum Thema „Mitarbeiter mitnehmen“. Darin wird eine zu theorielastige Herangehensweise kommentiert und der Umgang mit Beharrungskräften der Beteiligten erläutert. Mitte März folgt der dritte Beitrag mit dem Schwerpunkt „Projektmarketing richtig gestalten“.