Es ist gar nicht so einfach, über den Arbeitsplatz der Zukunft nachzudenken. Jeder hat ad hoc ein paar allgemeine Ideen, aber irgendwie dreht man sich schnell im Kreis und vieles bleibt wenig greifbar. Googeln hilft auch nur mäßig, weil gefühlt überall dasselbe steht. Wo soll man überhaupt anfangen, wie sich dem Thema nähern?
Ein wesentliches Charakteristikum eines modernen Arbeitsplatzes ist die räumliche und die zeitliche Flexibilisierung des eigenen Arbeitsraumes. Dafür muss ganz allgemein zwischen objektbasierter und prozessbasierter Arbeit differenziert werden. Damit ist hier gemeint, dass Arbeit an oder mit immobilen physischen Objekten natürlich andere Entwicklungsschwerpunkte aufweist, als solche Arbeitsformen, die nicht (mehr) zwingend an bestimmte Orte bzw. Dinge gebunden sind.
Diese beiden Typen weisen damit eine grundlegend unterschiedliche Ausgangsbasis auf, woraus eigene Möglichkeiten und Beschränkungen resultieren. Anhand der folgenden Beispiele soll aufgezeigt werden, was der Begriff „Arbeitsplatz der Zukunft“ bedeuten kann.
Digitalisierungsfront #1: Das Büro
Ein Verwaltungsangestellter verfügt über einen Büroarbeitsplatz mit einem PC und arbeitet mit analogen sowie digitalen Unterlagen. Die Dokumente und Vorgänge, auf die er zugreift, sind zu einem großen Teil noch papierbasiert und sind über mehrere Standorte verteilt. Einzelne Abteilungen haben spezifische Software-Lösungen, aber sobald man die dort verwalteten Daten an anderer Stelle braucht, benötigt man weitere Programme und der Drucker läuft zu Höchstform auf. Im Alltag ist seine Kommunikation überwiegend durch Schreibarbeit geprägt, wobei aber die E-Mail mittlerweile eine dominierende Position in der Bürokommunikation innehat. Es gibt pro Woche drei Meetings zur Information und Absprache, von denen aber für ihn zwei größtenteils Zeitverschwendung sind.
Machbar ist schon heute etwas Anderes: Sein Unternehmen hat frühzeitig in eine vollständige ECM-Umgebung investiert und betreibt einen kontinuierlichen Ausbau. Die Dokumente und Vorgänge, auf die er zugreift, sind nun zu einem überwiegenden Teil digital bzw. werden konsequent digitalisiert. Die Redundanz wird auf ein Minimum reduziert, weil die verbundenen Anwendungen auf einen gemeinsamen Bestand zugreifen. Das IT-System sorgt dafür, dass sämtliche Informationen bedarfsgerecht zur Verfügung stehen, erledigt viele Arbeitsschritte automatisch und hält Werkzeuge für die effiziente Zusammenarbeit mit Kollegen bereit. Die Arbeitsabläufe (Workflows) sowie die Kommunikation werden nicht mehr dadurch verzögert oder unterbrochen, weil ein Mitarbeiter nicht am Schreibtisch sitzt. Das erlaubt eine höhere Konzentration auf dringende oder schwierigere Aufgaben, was letztlich die Qualität der Arbeit deutlich steigert und den Kunden zugutekommt.
Die technische Ausstattung in Form von Laptop, Smartphone, die verwendete Software als auch die angepassten Prozesse erlauben dem Mitarbeiter darüber hinaus, Ort und Arbeitszeit nun weitgehend selbst zu bestimmen. Die neue Funktionalität erlaubt es also, den Bedürfnissen und Befindlichkeiten des Mitarbeiters wesentlich stärker Rechnung zu tragen.
Genauso wichtig: Die Werkstatt
Ein Mechatroniker einer freien Autowerkstatt hält sich vorwiegend in der Werkhalle oder im dazugehörigen Lager auf. Hier befinden sich mehrere PC-Arbeitsplätze. Er hat sein privates Handy, ein Tablet bietet sich in der Arbeitsumgebung aufgrund von Schmutz und Bruchgefahr nicht an. Es ist ihm nicht möglich, seine Tätigkeit an einem anderen Ort durchzuführen, da alle Werkzeuge und Materialien für seine Arbeitsobjekte (kaputte Autos) stationär sind. Es ist also nicht oder nur sehr bedingt möglich, den Arbeitsplatz der Zukunft über eine gesteigerte Flexibilisierung zu definieren.
Dessen ungeachtet ist es dennoch sinnvoll und möglich, Maßnahmen für eine Modernisierung zu ergreifen. Mithilfe einer integrierten Softwarelandschaft wird es möglich, den Kunden zeitnah und bequem über den Stand der Arbeit zu informieren und mit ihm in einen Austausch zu treten. Beispielsweise zu Dauer und Kosten einer Reparatur, zeitnah Entscheidungen über bestimmte Bauteile und Services einzuholen. Die Verbindung von Kunden- und Produktdaten wird in den eigentlichen Arbeitsvorgang integriert und erzeugt so einen Mehrwert für den Kunden. Die Zeit, die der Angestellte oder seine Kollegen mit Tätigkeiten verbringen, die nicht seiner unmittelbaren Aufgabe entsprechen wird somit reduziert, während gleichzeitig die Qualität der Arbeit gesteigert werden kann.
Ein weiteres Problem, dem man mit dem Ausbau der eigenen IT-Systeme begegnen muss, ist in diesem Beispiel die Veränderung an den Fahrzeugen selbst, die wiederum zunehmend digitale Steuerungssysteme aufweisen. Um die richtigen Arbeitsschritte vorzunehmen, können digitale Assistenzsysteme während des Arbeitsvorganges eigenständig nützliche Hinweise, brauchbare Querverweise oder potentielle Risiken bereithalten, ohne dass der Anwender diese aktiv anfordern muss. Dies bedeutet, dass im Optimalfall erneut Arbeitszeit eingespart, Lösungs- bzw. Materialalternativen zur Verfügung stehen und überdies Fehler vermieden werden können.
Den Arbeitsplatz der Zukunft bedarfsgerecht planen
Trotz des großen Potentials gibt es aber auch hier Hürden, die einer reibungslose Umsetzung im Wege stehen. Mittlerweile rücken die technischen Fragestellungen in den Hintergrund, weil für viele Anwendungsfälle und Konstellationen bereits geeignete Lösungswege erarbeitet wurden. Von zunehmender Bedeutung ist hingegen die Herausforderung, bestehende Meinungen und Einstellungen im Veränderungsprozess zu berücksichtigen.
Im Fall des Angestellten mag es sein, dass die Freiheiten vom Unternehmen gar nicht eingeräumt werden, weil beispielsweise das Konzept der Vertrauensarbeitszeit abgelehnt wird. Oder er präferiert einen fest strukturierten Arbeitstag, weil er es nun einmal so gewohnt ist. Oder seine Arbeit ist von Haus aus inhaltlich sehr kleinteilig und bedarf des unmittelbaren Austausches von Angesicht zu Angesicht. Umgekehrt ist es denkbar, dass aktuell getrennte Arbeitsabläufe als mangelndes Vertrauen in die eigene Persönlichkeit oder Kompetenzen empfunden wird.
Es gibt eine Vielzahl von Arbeitsformen, die zwar von der technischen Seite der Digitalisierung profitieren, aber keine grundsätzlichen Verhaltensänderungen benötigen oder erlauben. Der Clou am „Arbeitsplatz der Zukunft“ ist aber, dass alle Arbeitsabläufe in irgendeiner Form von neuer Technik und Software profitieren. Denn neben den intendierten, weil offensichtlichen Vorteilen wird zusätzlicher Nutzen generiert, der sich aus der veränderten Arbeitsweise ergibt.
Der eigene Horizont ist nicht die Grenze des Machbaren!
Verknüpft man die technische Modernisierung mit zeitgemäßen Arbeitsmethoden und weiteren, durchaus schon älteren aber bisher zu wenig umgesetzten Erkenntnissen, um den jeweiligen Arbeitsplatz neu zu gestalten und zu ergänzen, löst man das jeweils dominierende Verständnis zugunsten weniger formelhaften Arbeitsweisen auf. Die technische Basis für eine solche Flexibilisierung existiert bereits und der Prozess der Umstellung oder Einführung von solchen umfassenden Systemen läuft. Neben der Zeit und den Kosten spielt zusätzlich die Arbeitskultur eine Rolle.
Jedes Unternehmen und jeder Arbeitnehmer hat seine eigene Form der Arbeitssozialisierung durchlaufen. Es ist außerordentlich wichtig, von den damit verbundenen Gewohn- und Gewissheiten einen Schritt Abstand zu nehmen, um die sich bietenden Möglichkeiten unvoreingenommen und umfassend zu durchdenken.